"Die Liebe ist so unproblematisch wie ein Fahrzeug.
Problematisch sind nur die Lenker, die Fahrgäste und die Straße."
Am 28.03.2021 erwartet uns ein Vollmond, der in der ersten Dekade der Ich-und-Du-Achse stattfindet. Die Ich-und-Du-Achse besteht aus den Zeichen Widder und Waage, diese Achse wird auch als die Begegnungs- oder Partnerschaftsachse bezeichnet. Diese Zeitqualität möchte uns darin unterstützen unsere Beziehungen ins Gleichgewicht zu bringen, falls hier ein störendes Ungleichgewicht vorhanden ist. Auf dieser Achse geht es um jede Art von Beziehung, hier geht es um die Art wie wir in Beziehung treten als solche. Angefangen bei der Beziehung, die wir zu uns selbst haben, über die Beziehungen, die wir zu anderen Menschen haben, bis hin zu abstrakteren Beziehungen, wie die Beziehung, die wir zu unserem Körper haben, zu unserer Arbeit, zu unserer Vergangenheit, zum Geld, zum Essen, zur Technik, zur Gesellschaft, zu Gott, zur Natur...
Von Kopf bis Fuß auf Beziehungen eingestellt
Alles ist eine Frage der Beziehung. Ohne Beziehungen gäbe es kein Leben, weder auf der Erde, noch irgendwo im Universum, denn alles, was entsteht, entsteht durch die Begegnung. Wir sind von Kopf bis Fuß auf Beziehungen eingestellt. Unser Körper baut sich auf Beziehungen auf, denn unsere Organe, Knochen, Muskeln, Nerven, Gefäße… alle Teile unseres Körpers haben komplexe Beziehungen zueinander und solange diese Beziehungen gut funktionieren, sind wir körperlich gesund. Unser Körper, unser Geist und unsere Seele haben eine Beziehung zueinander und wenn diese Beziehung intakt ist, fühlen wir uns rundum wohl. Wir haben eine Beziehung zu unserer Umwelt und zu der Gesellschaft, in der wir leben und je gesünder diese Beziehungen sind, desto erfüllter ist unser Leben und desto besser können wir uns in der Welt verwirklichen. Die Erde ist ein grandioses Wunderwerk, das aus unzähligen Beziehungen entstanden ist und je mehr der Mensch über die Natur versteht, desto mehr erkennt er die vielschichtigen Beziehungsgeflechte, die das Ökosystem am Leben halten.
Da die Waage das Zeichen der Gerechtigkeit ist, möchte uns diese Zeitqualität darin unterstützen für mehr Gerechtigkeit und Fairness in unseren Beziehungen zu sorgen, falls hier gewisse Angelegenheiten unfair ablaufen. Diese Zeitqualität kann uns auch darin unterstützen eine Balance zwischen unterschiedlichen Lebensbereichen herzustellen, z.B. eine Ausgewogenheit zwischen Privat- und Berufsleben, zwischen Familie und Partnerschaft oder zwischen Partnerschaft und Freundeskreis. Wo immer ein großes Ungleichgewicht vorhanden ist, möchte uns diese Zeitqualität darauf aufmerksam machen, damit wir die Dinge ins Gleichgewicht bringen können.
Venus im Exil
Die Sonne, Venus und Chiron befinden sich in der ersten Dekade Widder und der Mond steht in der ersten Dekade Waage, in Opposition zu den genannten Himmelskörpern. Da Venus die Herrscherin der Waage ist, steht die „göttliche Schöne“ im gegenüberliegenden Widder in einer herausfordernden Position. Aus klassisch astrologischer Sicht befindet sich Venus im Widder im Exil. Wenn ein Planet im Exil steht, bedeutet das, dass er sich in einem Zeichen zurechtfinden und ausdrücken muss, das seinem Wesen fremd ist und das seiner Natur widerspricht. Venus im Widder entspricht nicht dem klassischen Frauenbild. Da der Widder von Mars, dem „Kriegsgott“, beherrscht wird, scheint es (astro-)logisch zu sein, dass die „Göttin der Liebe“ in diesem Zeichen einen schwierigen Stand hat, denn Krieg und Liebe sind auf den ersten Blick unvereinbar. Da die Astrologie eine Symbolsprache ist, können die astrologischen Schlüsselwörter aber nicht immer wörtlich verstanden werden. „Krieg“ und „Liebe“ bedeuten in der Astrologie nicht immer „Krieg“ und „Liebe“ im eigentlichen Sinn. Außerdem ist es sehr wichtig zu berücksichtigen, dass die Astrologie eine uralte Sprache ist. Die Astrologie ist in einer Zeit entstanden, in der die Menschen ein ganz anderes Weltbild hatten und in der sie vollkommen andere Vorstellungen von den Rollen der Geschlechter hatten. Und um die Geschlechterrollen geht es bei Venus und Mars, denn Venus (Waage) symbolisiert das Weibliche und Mars (Widder) symbolisiert das Männliche. In der vorchristlichen Zeit, in der die Astrologie entstanden ist, hatte die Menschheit noch ganz andere Ansichten darüber was es bedeutet ein Mann oder eine Frau zu sein. Aus heutiger Sicht könnte man es als frauenfeindlich bezeichnen, dass das Symbol für Weiblichkeit im männlichsten aller Zeichen, also im Widder, negativ behaftet ist. Venus im Widder verkörpert nicht das „verfügbare Weibchen“, sondern eine „feurige Amazone“, also eine aktive, selbstbewusste, selbstbestimmte Frau, die weiß was sie will und was sie nicht will und die das auch sehr direkt zum Ausdruck bringt. Und noch mal, die Astrologie ist eine Symbolsprache. Von daher bedeutet das nicht, dass sich die Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit, um die es bei dieser Planetenposition geht, buchstäblich in einer Amazone manifestieren muss. Eine Frau, die sich bewusst gegen eine Karriere entscheidet, weil sie total in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter aufgeht, ist selbstbewusster, unabhängiger und selbstbestimmter, als eine Frau, die eine große Karriere als Bodybuilderin macht, dies aber in erster Linie tut, um ihre Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren und dem Bild einer starken, selbstbewussten Frau zu entsprechen. Damit möchte ich natürlich nicht sagen, dass alle Bodybuilder/innen Minderwertigkeitskomplexe haben. Es ist nur ein Beispiel von vielen möglichen Beispielen. Entscheidend ist es den eigenen Wertvorstellungen (Venus) gerecht zu werden (Waage) und das zu tun, was der eigenen Persönlichkeit entspricht (Widder), vorausgesetzt, dass man dabei auch Rücksicht auf andere nimmt (Waage) und niemandem schadet. Im Laufe der Geschichte wurden nicht nur viele Frauen verteufelt, wenn sie nicht in ein stereotypisches Geschlechterbild gepasst haben, sondern auch manche Männer, warum die Venus im Widder ins astrologische Exil verbannt wurde, denn beide Geschlechter sollten dem Schema F entsprechen. Aber viele Menschen, die sich außerhalb der Norm bewegt haben, haben die Gesellschaft vorangetrieben, denn gesellschaftlicher Fortschritt kann nur stattfinden, wenn Einzelne innerhalb einer Gesellschaft neue Wege gehen. Und genau darum geht es im Widder, denn der Widder ist das Zeichen der Vorreiter/innen.
Wir sollten bedenken, dass die Astrologie jahrhundertelang nur von Männern beschrieben wurde, so wie der Rest der Geschichte (bislang) hauptsächlich von Männern geschrieben wurde. Eine selbstbestimmte, unabhängige Frau war den Männern, die im Laufe der Jahrhunderte die astrologischen Zuordnungen festgelegt haben, offenbar zu unheimlich und zu gefährlich. Das ist eine Erklärung warum die Venus im Widder als makelhaft befunden wurde und ins astrologische Exil abgeschoben wurde. Nach Ansicht dieser Herren sollte eine Frau schön, liebenswert, umgänglich und anpassungsfähig sein, sie sollte also gutes „Ehefrauenmaterial“ sein, warum der Venus in der Waage - dem einzigen Objekt des Zodiaks - der höchste Rang (Herrschaft) zugeschrieben wurde. Eine Frau sollte außerdem treu, zuverlässig und fruchtbar sein und sie sollte noch dazu sehr stabil und strapazierfähig sein, warum die Venus im Stier auf den anderen Thron gehoben wurde, denn Venus ist die Herrscherin der Waage und des Stiers. Das bedeutet natürlich nicht, dass eine Venus in der Waage oder im Stier in irgendeiner Form negativ besetzt ist. Mir geht es darum mit bestimmten Klischees aufzuräumen und die Astrologie dem Zeitgeist der Gegenwart anzupassen. Da unser Frauenbild im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen durchlebt hat, sind diese antiquierten astrologischen Vorstellungen von dem was eine „richtige“ oder „falsche“ Frau ist meiner Meinung nach überholungsbedürftig. Es ist doch zeitgemäß, dass eine Frau selbstbewusst, selbstbestimmt und unabhängig sein kann und dass sie trotzdem eine Frau ist oder sind wir als Gesellschaft vielleicht doch noch nicht so weit...?
Was auf der Seele brennt
Bevor ich näher auf diese Rhetorik eingehe, möchte ich erst mal einige andere wichtige Aspekte dieser Zeitqualität besprechen. Mars, der wie bereits erwähnt der Herrscher des Widders ist, befindet sich in den Zwillingen, in Harmonie (Sextil) zu der Sonne-Venus-Chiron-Konjunktion im Widder und in Harmonie (Trigon) zum Mond in der Waage. Mars bildet außerdem einen harmonischen Aspekt (Trigon) zu Saturn im Wassermann. Einige Tage vor dem Vollmond, am 24. März, bildet Merkur in den Fischen einen Spannungsaspekt (Quadrat) zu Mars in den Zwillingen. Am 26. März findet eine Sonne-Venus-Konjunktion auf 5° Widder statt und am selben Tag läuft Mars über den aufsteigenden Mondknoten in den Zwillingen. Die Konjunktion, die Mars zum aufsteigenden Mondknoten in den Zwillingen bildet, ist besonders wichtig, denn der aufsteigende Mondknoten symbolisiert unseren „Nordstern“, einen wesentlichen Orientierungspunkt, der anzeigt welche Themen in diesen Zeiten im Fokus stehen (sollten). Jede Konjunktion, die ein Planet zum aufsteigenden Mondknoten bildet, gibt uns einen Schub in die richtige Richtung und die Chance für eine Kurskorrektur. Einen ausführlichen Text zum aufsteigenden Mondknoten in den Zwillingen findest Du hier: Symbolsysteme: Mondknoten in Zwillinge ♊ - ♐ Schütze 2020 bis 2022: Zwei plus Zwei ist Vier. Da ein Vollmond immer den Höhepunkt von einem bestimmten Zyklus kennzeichnet, sind gerade auch die Aspekte wichtig, die kurz vor dem Vollmond exakt werden, denn ein Vollmond zeigt uns wie wir die Transite, die in den Tagen vor dem lunaren Event exakt waren, genutzt haben. Auf diese Art können wir im Laufe der Zeit immer mehr lernen was funktioniert und was nicht funktioniert, warum die Mondzyklen ein Kompass für Entwicklungszyklen sein können. Davon abgesehen sind die Zeichenpositionen und die Aspekte, die Mars und Venus bilden, besonders wichtig, weil sie die Herrscher der Zeichen sind, in denen der Vollmond stattfindet.
Der Spannungsaspekt zwischen Merkur und Mars weist darauf hin, dass es in der Zeit vor dem Vollmond vermehrt zu Konflikten, Streitgesprächen oder Missverständnissen kommen kann. Wenn wir den Spannungsaspekt zwischen dem Kommunikationsplaneten Merkur und dem Energie- und Handlungsplaneten Mars konstruktiv nutzen, muss es aber nicht zu unproduktiven Streits kommen, wie sie oft mit diesem Quadrat in Verbindung gebracht werden. Es muss auch nicht zu aggressiven Gedanken, verletzendem, unüberlegtem Verhalten oder zu vermehrtem Stress kommen, was allesamt typische Auswirkungen eines Merkur-Mars-Quadrats wären. Ein Spannungsaspekt zwischen Merkur und Mars kann auch für eine „starke Stimme“ stehen. Die stimmgewaltige Soul-Sängerin Aretha Franklin hatte ihren Merkur in den Fischen im Quadrat zu ihrem Mars in den Zwillingen. Passend zu den Waage-Themen Gerechtigkeit und Gleichberechtigung wurde Aretha Franklin durch ihren Song „Respect“ zu einer Galionsfigur der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Frauenbewegung. Das bedeutet nicht, dass man sich nun die Seele aus dem Leib singen muss, um den Spannungsaspekt zwischen Merkur und Mars konstruktiv zu nutzen, obwohl diese Zeitqualität tatsächlich günstige Gelegenheiten für einen künstlerischen Ausdruck bietet, denn die Waage ist das Zeichen der Kunst. Wenn man also gerne singt oder wenn man auf eine andere Art kreativ ist, kann man in diesen Wochen zum Sprachrohr für eine bestimmte Gruppierung werden. Es muss jetzt nicht für uns alle um die Themen Rassismus oder Gleichberechtigung von Mann und Frau gehen. Wichtig ist hier die Message, denn um die Message geht es in den von Merkur beherrschten Zwillingen. Der Inhalt dieser Message kann sich im weitesten Sinn um die Waage-Themen Fairness, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit drehen. Wo immer wir feststellen, dass etwas unfair abläuft, sollten wir nun das Wort ergreifen oder durch unser Verhalten dafür sorgen, dass die Dinge ins Gleichgewicht kommen. Die Botschaft kann sich auch auf die Venus-Themen Liebe, Selbstwert, Sinnlichkeit, Schönheit, Kunst, Kultur oder Geld beziehen. Es kann auch sein, dass wir nun zu einem Chiron-Thema das Wort ergreifen und uns mit der Heilung von seelischen oder körperlichen Verletzungen auseinandersetzen. Was immer uns bewegt: nun ist es an der Zeit die Themen anzusprechen, die uns auf der Seele brennen. Dabei ist es allerdings wichtig nicht nur zu reden, sondern auch zuzuhören, denn in den Zwillingen und in der Waage geht es darum verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und unterschiedliche Blickwinkel in die eigenen Überlegungen miteinzubeziehen.
Die Spannung zwischen Merkur in den Fischen und Mars in den Zwillingen kann auch durch die unterschiedlichen Absichten der beteiligten Zeichen entstehen. Wir können diese Spannung durch Widersprüche innerhalb von selbst erleben oder wir können sie innerhalb einer Beziehung erleben, in der beide etwas anderes wollen. Während Merkur in den Fischen geistige Auszeiten, Ruhe, Entspannung und Rückzugsorte liebt, will Mars in den Zwillingen aktiv sein, Kontakte knüpfen und überall mitmischen. Während es in den Fischen um intuitive Wahrnehmungen geht, geht es in den Zwillingen darum sachliche Informationen zu sammeln und logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Während die Fische ein emotionales Zeichen sind, sind die Zwillinge ein intellektuelles Zeichen. Der Spannungsaspekt zwischen Merkur und Mars zeigt an, dass auch hier das Waage-Thema Balance gefragt ist. Ein Quadrat ist als solches ein Aspekt, der nach Balance verlangt, denn ein Quadrat erfordert eine Anpassung von Kräften, die in verschiedene Richtungen streben oder unterschiedliche Herangehensweisen haben. Wir können uns also fragen in welchen Situationen wir unserem Gefühl folgen sollten und unserer Intuition vertrauen können und in welchen Situationen es wichtig ist, dass wir die richtigen Informationen haben, dass wir sachlich argumentieren und logisch vorgehen. Des weiteren können wir uns fragen wann es wichtig ist bestimmte Themen konkret zu besprechen und wann wir auf ein stillschweigendes Einverständnis vertrauen können.
Narzisstische Verletzungen
Nun aber zurück zu der Opposition zwischen dem Mond in der Waage und der Sonne-Venus-Chiron-Konjunktion im Widder, dem Grundthema dieses Vollmonds. Venus ist in der Astrologie nicht nur die Verkörperung des Weiblichen, Venus symbolisiert auch unsere persönlichen Werte, also all das, was wir schön, angenehm, wertvoll und begehrenswert finden. Auch unser Selbstwert wird von Venus symbolisiert. Obwohl ich erklärt habe warum die klassisch astrologische Betrachtungsweise einer Venus im Widder (Venus im Exil) aus heutiger Sicht überholungsbedürftig ist, hat sie doch eine gewisse Berechtigung. Im Widder geht es um die Dinge, für die wir kämpfen müssen und für die wir uns aktiv einsetzen müssen. Im Widder geht es um Selbstbehauptung, Durchsetzungsvermögen und um den Selbsterhaltungstrieb. Kein Mensch sollte um seinen Selbstwert kämpfen müssen, warum Venus im Widder eine herausfordernde Position hat, denn wann immer es soweit kommt, dass wir um unseren Selbstwert kämpfen müssen, muss vorher schon einiges schiefgegangen sein. Selbstwert sollte uns eigentlich von klein auf vermittelt werden, bzw. der uns angeborene Selbstwert sollte von den Menschen, die uns aufziehen, gefördert und in konstruktive Bahnen gelenkt werden. Obwohl ein Neugeborenes noch nicht weiß was Selbstwert bedeutet, hat jedes Baby von Geburt an eine Art instinktiven Selbstwert, was in der Psychologie, zumindest nach dem „Vater der Psychologie“, nach Sigmund Freud, als primärer Narzissmus bezeichnet wird. Ein Neugeborenes nimmt sich als das Zentrum der Welt wahr und es erwartet ganz selbstverständlich, dass andere seine Bedürfnisse befriedigen. Einem Neugeborenen ist es gleichgültig, ob Mama müde ist, ob sie gerne mehr Zeit für sich haben würde oder ob ihre Brustwarzen vom vielen Stillen schon ganz wund sind. Ein Neugeborenes will was es will und es will es sofort. In den ersten Lebensmonaten ist es überlebensnotwendig, dass ein Neugeborenes so selbstbezogen ist, dass es nur seine eigenen Bedürfnisse wahrnimmt. Der Mensch gehört zu den ungewöhnlichen Säugetieren, die "unfertig", im Sinne von vollkommen abhängig, geboren werden. Viele andere Säugetiere, z.B. Huftiere, können schon kurz nach ihrer Geburt auf eigenen Beinen stehen. Der Mensch braucht sehr viel länger, um auf eigenen Beinen stehen zu können, warum er in den ersten Jahren nach seiner Geburt auf Menschen angewiesen ist, die ihn versorgen. Von daher ist eine angeborene Egozentrik für den Menschen ein wesentlicher Teil seines Selbsterhaltungstriebs. Um eben diese Art von Ichbezogenheit und Selbsterhaltung geht es astrologisch gesehen im Widder, im ersten Zeichen des Zodiaks. Im Laufe der Kindheit sollte jedes Kind lernen, dass sich die Welt nicht nur um seine Bedürfnisse dreht und dass andere Menschen ihrerseits Bedürfnisse haben, die befriedigt werden wollen. Die meisten Kinder lernen das auch auf die eine oder andere Art. Aus psychologischer Sicht kennt ein Säugling nur die egozentrische Form der Liebe, eine Liebe, die darauf basiert, dass das geliebte Objekt (meistens die Mutter) seine Bedürfnisse befriedigt. Die Mutter wird anfangs nicht um ihrer selbst willen geliebt. Für ein Neugeborenes entsteht die Bindung zur Mutter, weil sie seine Nahrungs- und Versorgungsquelle ist. In einem gesunden Umfeld entwickelt ein Kind in den ersten Lebensjahren zunehmend ein Verständnis dafür, dass andere Menschen Bedürfnisse haben, die seinen eigenen Bedürfnissen Grenzen setzen können, z.B. wenn die Mutter arbeiten muss, wenn sie sich um die Geschwister kümmern muss oder wenn sie Zeit mit dem Vater verbringen will. Wenn ein Kind eine relativ gesunde Entwicklung durchlebt, wird es mit zunehmendem Alter nicht nur akzeptieren, dass seine Bedürfnisse nicht das Zentrum der Welt sind, es wird auch lernen, dass es sich gut anfühlt die Bedürfnisse von anderen zu befriedigen. Schon bei Kleinkindern kann man beobachten wie viel Freude es ihnen macht anderen eine Freude zu bereiten oder für andere zu sorgen, z.B. für ein Tier, für ein jüngeres Kind oder auch für ein lebloses Objekt, wie ein Stofftier oder eine Puppe.
Wenn die Eltern dem Kind aber immer wieder das Gefühl vermitteln, dass seine Bedürfnisse unwichtig sind oder wenn sie dem Kind umgekehrt zeigen, dass sie auf eine übertriebene Art bereit sind ihre Bedürfnisse zugunsten des Kindes zu vernachlässigen, kann das Kind nicht auf eine natürliche Art über den primären Narzissmus hinauswachsen. Dann kann eine narzisstische Verletzung entstehen, die unter Umständen dazu führt, dass das Kind mit zunehmendem Alter eine narzisstische Störung entwickelt. Das Thema Narzissmus wird ja in diesen Jahren heiß diskutiert, aber oft wird nur über den malignen Narzissmus gesprochen, also über eine extreme Form von Ichbezogenheit, die andere Menschen nur als Objekte wahrnimmt, deren einzige Daseinsberechtigung darin besteht die Bedürfnisse des Narzissten zu befriedigen. Menschen, die eine narzisstische Persönlichkeitsstörung haben, sind in wesentlichen Phasen ihrer Persönlichkeitsentwicklung in der Säuglings- bzw. Kleinkindstufe steckengeblieben. Das ist ein Grund warum sich die Partner/innen von Narzissten unbewusst dafür verantwortlich fühlen für den Narzissten zu sorgen. In diesem Text möchte ich aber nicht auf den malignen Narzissmus eingehen, sondern auf eine Form von narzisstischer Verletzung, die viele von uns erlitten haben, ohne dass wir eine narzisstische Störung im pathologischen Sinn entwickeln. Ich spreche von Verletzungen, zu denen es in kindlichen Entwicklungsphasen kommen kann, in denen wir, aus psychologischer Sicht, alle primär narzisstisch veranlagt sind.
Eine verbreitete narzisstische Verletzung kann bei den Kindern entstehen, die erst als Einzelkind aufwachsen und dann einen Statuswechsel in der Familie erleben, wenn ein Geschwisterkind geboren wird. Wenn die Eltern dafür sorgen, dass eine neue Dynamik in der Familie entsteht, in der das erstgeborene Kind seinen neuen Platz finden kann, wird es bald über diese Verletzung hinwegkommen. Das Kind kann sogar Gefallen daran finden nicht mehr die Nummer Eins zu sein, denn auf einer Nummer Eins lastet ja auch oft eine besondere Verantwortung. Wenn sich das erstgeborene Kind durch die Geburt des zweiten Kindes aber stark zurückgesetzt fühlt, kann die narzisstische Verletzung ganz andere Dimensionen annehmen. Daraus kann ein erbitterter Kampf um Aufmerksamkeit resultieren, der die unterschiedlichsten Formen annehmen kann. Zu narzisstischen Verletzungen kann es aber auch in ganz anderen Situationen kommen. Wenn die Eltern wichtige Bedürfnisse des Kindes immer wieder missachten und wenn sie nicht dazu in der Lage sind das Kind zu spiegeln, kann es auch zu narzisstischen Verletzungen kommen, denn Kinder brauchen die Bestätigung von ihren Eltern in ihrem Wesen wahrgenommen und anerkannt zu werden. Wenn das Kind nicht in seinem Wesen gespiegelt wird, wenn dem Kind also immer wieder vermittelt wird, dass seine Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse unwichtig oder falsch sind, können sich sein Individualitätsbewusstsein und sein Selbstwert nicht altersgemäß entwickeln. In extremen Fällen kann bei einem Kind sogar der Eindruck entstehen, dass es insgesamt, also in seinem ganzen Wesen, falsch ist. In dem Fall kann eine narzisstische Persönlichkeitsstörung entstehen, weil sich das Kind dann gezwungen fühlt ein "falsches Ich", also eine künstliche Persona zu konstruieren, was letztlich ein Mittel der Selbsterhaltung ist.
Die Sonne-Venus-Chiron-Konjunktion im Widder hat einen direkten Bezug zu einer (frühkindlichen) Verletzung des Selbstwerts. Ich schreibe „frühkindlich“ in Klammern, weil es sich bei im Einzelfall auch um Verletzungen handeln kann, die wir später im Leben erlitten haben. Aus mythologischer Sicht ist die „chironische Wunde“ aber schon sehr früh entstanden. Wenn Du mehr über die mythologischen Hintergründe von Chiron erfahren möchtest, findest Du hier einen ausführlichen Text: Chiron in der Mythologie
Ich bespreche den Mythos von Chiron in diesem Text nicht noch mal in aller Ausführlichkeit, aber kurz zusammengefasst war Chiron ein Zentaur, ein mythisches Mischwesen, das halb Pferd und halb Mensch war. Chirons Mutter wurde von Saturn (griechisch Kronos) in Gestalt eines Pferdes vergewaltigt und aus dieser Vergewaltigung ging das kleine Mischwesen hervor, das einen menschlichen Oberkörper und den Unterkörper eines Pferdes hatte. Chirons Mutter war zutiefst beschämt über die körperliche Gestalt ihres Babys, sie hielt den kleinen Zentaur für eine Missgeburt und verstieß ihn gleich nach seiner Geburt. Sein Vater Saturn hatte sich sofort nach der Vergewaltigung aus dem Staub gemacht. Die Option vom Vater aufgezogen zu werden gab es für Chiron also nicht. Der kleine Zentaur hatte aber das große Glück vom Sonnengott Apollon und von der Mondgöttin Artemis unter deren Fittiche genommen zu werden. Astrologisch bedeutsam ist die Tatsache, dass die Sonne die väterlichen Qualitäten symbolisiert und der Mond die mütterlichen. Der Sonnengott und die Mondgöttin waren also die perfekten Adoptiveltern. In der Mythologie wurde nichts dem Zufall überlassen. Jedes Detail einer mythologischen Geschichte hat eine symbolische Bedeutung. Von daher ist es sehr bezeichnend, dass es ausgerechnet der Sonnengott und die Mondgöttin waren, die Chiron adoptiert haben, denn im günstigsten Fall können Adoptiveltern dafür sorgen, dass die Wunde heilt, die entsteht, wenn ein Kind von seinen leiblichen Eltern wegegeben wird. Apollon und Artemis haben Chiron dann liebevoll aufgezogen und sie boten ihm eine erstklassige Ausbildung in den unterschiedlichsten Disziplinen. Die Ablehnung der leiblichen Eltern hinterließ in Chiron aber trotzdem eine seelische Wunde, was zu einer Überkompensation führte. Chiron wurde zum weisesten, gerechtesten und kultiviertesten Zentaur und er konnte mit seinen Artgenossen, die bei den Menschen und Göttern gleichermaßen unbeliebt waren, nichts anfangen. Die meisten Zentauren waren primitive Raufbolde, die viel Alkohol tranken, sich ständig prügelten und auch vor Plünderungen und Vergewaltigungen nicht zurückschreckten. Chiron war also ein Außenseiter unter den Außenseitern, denn auch mit seinen Artgenossen konnte er sich nicht identifizieren. Chiron war eine Ausnahmefigur, er war weder ein Gott, noch ein Pferd, noch ein Mensch, noch war er ein „richtiger“ Zentaur. Aber aufgrund der umfangreichen Ausbildung, die ihm durch Apollon und Artemis zugute kam, wurde er zu einem angesehenen Lehrmeister und Heiler. Chiron war der Lehrer der größten Heroen der Mythologie und für jedes Leid fand er ein Heilmittel.
Aus psychologischer Sicht hat Chiron eine narzisstische Verletzung erlitten, eine Verletzung, die jedes Kind erleidet, das von seinen Eltern Ablehnung erfährt oder sogar verstoßen wird. Die mythologischen Hintergründe dienen als Vorlage für die astrologische Bedeutung Chirons. Chiron hat in der Astrologie einen direkten Bezug zu den Themen Ablehnung, Scham, Schuld- und Opferfragen, Missbrauch, Trauma, einer Ausnahmeposition aufgrund von Andersartigkeit und einem Mangel an Identifikation mit den Artgenossen.
Da die Sonne und Venus im Widder eine Konjunktion zu Chiron bilden und da der Mond in der Waage eine Opposition zu der Konstellation im Widder bildet, möchte uns diese Zeitqualität auf „wunde Punkte“ aufmerksam machen. Das heißt nicht, dass es nun für uns alle um so drastische Verletzungen gehen muss, wie sie im Mythos von Chiron beschrieben werden. Je nachdem wie Chiron in unserem Geburtshoroskop gestellt ist, kann es sich im Einzelfall tatsächlich um traumatische Erfahrungen handeln, die durch diese Zeitqualität in den Fokus gerückt werden oder es kann sich um eine besondere Sensibilität handeln, die uns angeboren ist oder die wir aufgrund von gewissen Erfahrungen im Laufe unseres Lebens entwickelt haben. Der Mythos von Chiron zeigt auf, dass wir gerade aufgrund von schmerzhaften Erfahrungen über uns hinauswachsen können und außergewöhnliche Fähigkeiten entwickeln können. Wenn Chiron nicht selbst so einschneidende Erfahrungen gemacht hätte, wäre er wahrscheinlich nicht zu einem so großen Lehrer und Heiler geworden.
Chiron, der "verwundete Heiler"
In der Astrologie wird Chiron oft als der „verwundete Heiler“ bezeichnet, was ein mehrdeutiger Titel ist. Warum Chiron als der verwundete Heiler bezeichnet wird, erfährst Du in meinem Text zum Mythos von Chiron. Der Begriff der „verwundete Heiler“ kann sich auf den Umstand beziehen, dass Menschen, die sich zu heilerischen Berufen hingezogen fühlen, eine Affinität zu diesen Berufen haben, weil sie selbst Verletzungen erlitten haben und auf ihrem Heilungsweg dann ein tieferes Bewusstsein und Verständnis für die Verletzungen von anderen entwickelt haben. Der Begriff der „verwundete Heiler“ kann sich aber auch darauf beziehen, dass man die eigenen Verletzungen immer wieder nach außen projiziert und dann versucht in anderen etwas zu heilen, was eigentlich erst mal im eigenen Ich geheilt werden sollte. Dies muss sich nicht nur bei Menschen zeigen, die einen Heilberuf wählen. Es kann auch sein, dass wir mit einer „chironischen Wunde“ in einer Beziehung konfrontiert werden, denn in der Waage geht es ja um unsere Beziehungen. Die Waage ist ein Spiegelzeichen. In der Waage geht es darum uns selbst im Spiegel unserer Beziehungen zu erkennen. Durch die Auseinandersetzung mit einem "Du" können wir erkennen wer wir sind und wer wir nicht sind, ebenso wie wir erkennen können wer das "Du" ist und wer das "Du" nicht ist. Gerade in persönlichen Beziehungen können wir aber „blinde Flecke“ haben und dadurch unsere eigenen Themen auf unsere Partner/innen projizieren. Speziell im Zusammenhang mit den erwähnten narzisstischen Verletzungen begegnet uns die „Wunde“ oft im Gegenüber und wir können dann versucht sein ständig am „Du“ herumzudoktern, anstatt uns in erster Linie um die Heilung vom eigenen „Ich“ zu kümmern. „Ich“ und „Du“ sind, wie eingangs erwähnt, die astrologischen Schlüsselwörter der Zeichen Widder und Waage.
Was möchte in Deinem Leben geheilt werden?
Diese Zeitqualität möchte unsere Aufmerksamkeit auf die Themen lenken, die ein besonderes Einfühlungsvermögen erfordern und die in irgendeiner Form Heilung brauchen. Da Venus direkt an der Vollmond-Konstellation beteiligt ist, können wir eine Verletzung des Selbstwerts erlitten haben, was sich dann auch in unseren Beziehungen bemerkbar machen kann. Im beruflichen Bereich kann eine Verletzung des Selbstwerts auch ungünstige Konsequenzen nach sich ziehen, z.B. indem wir unsere Arbeitskraft nicht richtig wertschätzen und uns dadurch buchstäblich unter unserem Wert verkaufen.
Wir können auch sehr direkt von dem eingangs besprochenen Thema der Venus, die „ins Exil verbannt“ wurde, betroffen sein. Vielleicht haben wir das Gefühl, dass wir als Frau nicht dem gängigen Frauenbild entsprechen oder vielleicht vermitteln andere uns das Gefühl, dass wir nicht weiblich genug sind, weil wir nicht über die körperlichen oder charakterlichen Merkmale verfügen, die allgemein als weiblich gelten. Vielleicht haben wir auch Angst „verstoßen“ zu werden, wenn wir für uns selbst einstehen, wenn wir etwas für uns selbst fordern oder wenn wir nein zu etwas sagen, was wir nicht wollen. Vielleicht können wir uns auch mit sehr viel Engagement für andere stark machen, haben aber Probleme für uns selbst einzustehen. Als Mann fühlen wir uns vielleicht nicht männlich genug oder vielleicht wissen wir auch nicht so recht wie wir unsere Männlichkeit leben können, ohne in die Rolle des Machos oder Softies zu geraten.
Wie immer hängt vieles davon ab ob und wie wir auf einer persönlichen Ebene von dieser Zeitqualität berührt werden, was sich durch die Aspekte zeigt, die der Vollmond zu unserem eigenen Horoskop bildet. Aber auch wenn wir nicht persönlich betroffen sind, kommen wir kaum an den Chiron-im-Widder-Themen vorbei, denn auf der kollektiven Ebene zeigen sich die angesprochenen Themen sehr deutlich. Die Pandemie offenbart wie verletzlich wir als Spezies sind. Ein Bedürfnis nach Selbstausdruck und Selbst(wert)bestätigung ist heute so präsent wie nie. Viele Menschen suchen heute verstärkt nach ihrer Identität und nach Zugehörigkeit. Vielen Menschen wird zunehmend bewusst woran es ihnen in ihrer Kindheit gefehlt hat und worin ihre Eltern nicht die richtigen Vorbilder waren. Viele Menschen können sich nicht mehr mit den gängigen Beziehungsmodellen identifizieren, aber etwas Neues scheint noch nicht wirklich greifbar zu sein...
Wir können uns jetzt fragen was wir dazu beitragen können diese Welt ein kleines Stück heiler zu machen. Wenn wir persönlich von einer der erwähnten chironischen Verletzungen betroffen sind, ist das wertvollste, was wir für uns selbst, für unsere Beziehungen und im weitesten Sinne für die Gesellschaft tun können, unsere eigenen „chironischen Wunden“ zu heilen. Denn darum geht es bei dem fast 9 jährigen Transit* von Chiron durch den Widder: sei Du selbst die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst.
Viele liebe Grüße mit den Sternen
Lia
* Chiron läuft von 2018 bis 2027 durch den Widder. Der vorherige Transit von Chiron durch den Widder fand von 1968 bis 1977 statt. Diejenigen, die mit Chiron im Widder geboren wurden, haben in diesen Jahren ihre Chiron-Rückkehr. Die Chiron-Rückkehr findet in einer sehr wichtigen Lebensphase statt, in der uns bestimmte „Wunden“ aus unserer Vergangenheit auf einer tieferen Ebene bewusst werden, damit eine umfassendere Heilung stattfinden kann.
Wichtige langfristige Themen der astrologischen Zeitqualität:
Mondknoten in Zwillinge-Schütze 2020 - 2022:
https://symbolsysteme.blogspot.com/2020/04/mondknoten-in-zwillinge-schutze-2020.html
Jupiter im Wassermann 2021:
https://symbolsysteme.blogspot.com/2020/12/jupiter-und-saturn-im-wassermann-und.html
Saturn in Wassermann 2020 - 2023:
https://symbolsysteme.blogspot.com/2020/03/saturn-im-wassermann-2020-bis-2023.html
und:
https://symbolsysteme.blogspot.com/2020/03/saturn-im-wassermann-2020-bis-2023-video.html
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